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Stellungnahme zum Kulturleitbild OÖ

Stellungnahme zum Kulturleitbild OÖ

FIFTITU%, die Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in OÖ, begrüßt die Entwicklung eines Kulturleitbildes für OÖ und die dazu initiierte, breit angelegte Diskussion.

Positiv ist, daß die Ergebnisse der Diskussion in die Erstellung des Kulturleitbildes einfließen und die verankerten Maßnahmen und Ziele als tatsächliche Handlungsanweisungen zu verstehen sind.

Besonders erfreut stellen wir fest, daß sich das Land OÖ in den Leitlinien der oö. Kulturpolitik explizit zur „(...) Gleichstellung der Geschlechter, die auch im Kulturbereich umzusetzen ist“ (...), bekennt. (siehe 2.2.) Demnach sollte unseres Erachtens in Punkt 2.2. explizit darauf hingewiesen werden, daß sich Maßnahmen und Ziele zur Gleichstellung im Sinne einer Querschnittsmaterie durch das gesamte Leitbild ziehen und wieder finden müssen.

Darüber hinaus ist es uns wichtig, in einzelnen Punkten des Leitbildes konkrete Maßnahmen und Ziele zur Gleichstellung von Frauen und Männern detailliert aufzuzeigen.

FIFTITU% regt die folgenden Ergänzungen zu einzelnen Bereichen an.

Zu 3.1. Flächendeckendes Kulturangebot in Oberösterreich
und 3.3. Landeskulturbeirat und Netzwerke
FIFTITU% ist als oberösterreichische Vernetzungsstelle auch bundesweit ein relevantes Netzwerk und eine kulturpolitische Plattform für zahlreiche Künstlerinnen und kulturschaffende Frauen. Als frauenspezifische Dachorganisation ist FIFTITU% prädestiniert dafür, als Beispiel neben dem OÖ Museumsverbund, dem Forum Volkskultur und der KUPF genannt zu werden.

Zu 3.2. Stellenwert von Kunst und Kultur in Oberösterreich
Landeskultureinrichtungen sind in ihrer Benennung bislang männlich dominiert. Einziges Beispiel einer Benennung, die auf eine Frau hinweist, ist die Margret Bilger Galerie.
Bei den Namensgebungen kultureller Einrichtungen bzw. Großveranstaltungen ist es hoch an der Zeit, sich auf Namen von Frauen zu besinnen und damit ihre Verdienste in Kunst und Kultur sichtbar zu machen.

Zu 3.2. Kulturvereine und –initiativen in den Regionen
In diesem Absatz werden Kulturvereine letztlich über ihren Output und nicht über ihre Beteiligungsprozesse, die sie gestalten, definiert. Hier gilt es, ihre demokratie- und gesellschaftspolitische Relevanz stärker zu betonen.

Zu 3.2. Ehrenamtliches Engagement
Bei einem Verständnis von Ehrenamt als zivilgesellschaftliches und politisches Engagement geht es nicht um bloße Freizeitbeschäftigung sondern um die Gestaltung der eigenen Lebenswelt im regionalen wie kommunalen Kontext. Kulturelle Tätigkeit ist ein Teil davon.
Ehrenamtliches Engagement kann nicht als Ersatz für Strukturen, die hauptamtlich notwendig sind, gedacht werden. Strukturen und sich daraus ergebende notwendige Anstellungen müssen als solche abgesichert sein, um professionelle Kulturarbeit zu gewährleisten.

Zu 3.3. Europäische Kulturhauptstadt Linz
Das Land OÖ bekennt sich im Entwurf zur Stärkung des kulturellen Profils der Landeshauptstadt Linz mit nachhaltigen Nutzungseffekten. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist für FIFTITU% Gender Mainstreaming im Rahmen von Linz 09 umzusetzen. Damit hat Linz die Chance, als fortschrittliche, in Frauenfragen bewusste Stadt wahrgenommen zu werden.

Zu 4. Aufgaben, Arbeitsweise und Ziele des Landeskulturreferats und seiner Einrichtungen:
Zu den Grundsätzen und Zielen des Landeskulturreferates regt FIFTITU% die Einrichtung einer Stabstelle für Frauenförderung und die Entwicklung eines detaillierten Gender-Mainstreaming-Konzeptes auf Ebene der Landeskulturdirektion an, um der Zielsetzung einer Gleichberechtigung der Geschlechter in allen Bereichen gerecht zu werden.

Zu 5.1. Globalisierung und regionale Identität
Oberösterreich gilt als eine der reichsten Regionen der Welt. Diese internationale Verantwortung beinhaltet die Förderung entwicklungspolitischer Netzwerke (wie in 6.6. angesprochen). Das alleine wäre allerdings zu wenig, Oberösterreich muss sich national und international für gerechtere (Wirtschafts-) Strukturen engagieren.

Zu 5.2. Demokratie und Kulturpolitik
Sitzungen und Protokolle der Kulturausschüsse auf Landes- und Gemeindeebene sollen öffentlich zugänglich sein. Eine Maßnahme zur Umsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern im Kulturbereich ist die paritätische Besetzung der Kulturausschüsse. Dafür ist es notwendig Maßnahmen zur Förderung von Frauen in den politischen Parteien zu setzen. (z. B. Quotenregelung; Bindung der Parteienförderung an Frauenanteil; Verstärkung von Frauenförderprogrammen für Politikerinnen, wie sie das Land OÖ anbietet).

Zu 6.1. Zeitgenössische Kunst und Kultur
Die „Verstärkte Förderung der zeitgenössischen Kunst in den Regionen“ bedarf unseres Erachtens dem Zusatz „durch längerfristige strukturelle Absicherung von Kulturinitiativen und Vernetzungsstrukturen“.

Weiters möchten wir den Blick auf Maßnahmen für Events und Großprojekte lenken. Die zahlreichen kulturellen Großereignisse im Land OÖ (Landesausstellungen, Brucknerfest, Ars Electronica, …) sind im Sinne eingangs genannter Zielsetzung der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern gender-sensibel zu planen und auszurichten.

In diesem Sinne sind frauenspezifische Schwerpunkte bei jedem Großereignis zu setzen.

Die unter Maßnahmen und Ziele genannte Einrichtung eines eigenen Förderprogramms für innovative Kunstprojekte begrüßen wir sehr. FIFTITU% betrachtet Gender Mainstreaming und Maßnahmen zur Frauenförderung als selbstverständlichen Bestandteil des Förderprogramms.

Zu 6.2. Kulturelles Erbe und Tradition
Gemäß dem Bekenntnis zur Gleichstellung ist auch bei der Aufarbeitung der kulturellen Vergangenheit ein besonderes Augenmerk auf die kulturellen Leistungen von Frauen zu richten. Beim Erhalt des kulturellen Erbes, bei der Sicherung des Bestandes in Museen und öffentlichen Sammlungen geht es darum, das kulturelle Erbe von Frauen zu sichern und sichtbar zu machen.
Dies sehen wir mitunter als Schritt in die Richtung, das Bewusstsein und die adäquate Bewertung für das künstlerische und kulturelle Schaffen von Frauen zu stärken.

Zu 6.3. Kunst- und Kulturvermittlung als Bildungsauftrag
Unter Maßnahmen und Ziele ist die Installierung eines Aufbaustudiengangs genannt. Zusätzlich zu den bereits genannten Fächern wie Kunst- und Museumspädagogik, Kulturmanagement und Kulturwirtschaft sollten die Gender Studies als Bereich zur Erlangung von Fachkompetenzen genannt sein. Gerade bei einem derartig inter- bzw. transdisziplinär ausgerichteten Studiengang sind Gender Studies unbedingt notwendig.

Zu 6.6. Internationaler Austausch und Kooperationen
Als weitere Maßnahmen nennen wir:

  • die Förderung des Austausches von Frauennetzwerken auf internationaler Ebene
  • die Entwicklung von internationalen Kulturkooperationsprojekten und Vernetzungsstrukturen
  • die Fixierung der Co-Finanzierung von EU-Projekten im Kulturbereich (KünstlerInnen, Initiativen, Vereine) durch Landesmittel. (Damit können auch mehr EU-Mittel für OÖ lukriert werden.)

Zu 6.7. Weiterentwicklung der kulturellen Infrastruktur des Landes OÖ
Initiativen der Freien Szene und zeitgenössische Kunst in den Regionen brauchen eine abgesicherte Infrastruktur. Dafür braucht es vertragliche Vereinbarungen für mittelfristige Finanzierungen. So sind insbesondere für den Bereich Bildende Kunst in den Regionen Räume interessant, die multifunktional (Ateliers, Ausstellungen, Veranstaltungen) genutzt werden können.

Zu 6.9. Kultur und Medien
Zu den Maßnahmen und Zielen zählen die Gleichstellung von Frauen und Männern bei den Kulturmedien selbst (50% Autorinnen) sowie gender-sensible Kulturberichterstattung.

Zu 6.11. Kinder- und Jugendkultur
Die Förderung gendersensibler Kinder- und Jugendkulturprojekte und speziell von Mädchenprojekten sehen wir als weitere unabdingbare Maßnahme in diesem Bereich.

Zu 6.10. Gender-Mainstreaming und Frauenkulturförderung
Im derzeitigen Entwurf wird erst hier wieder auf Gleichstellungsmaßnahmen als ein Schwerpunkt der Kulturarbeit eingegangen, gefolgt von 6.11. Kinder- und Jugendkultur und 6.12. Spezielle Zielgruppen (Menschen mit Behinderung, MigrantInnen). Damit rückt der derzeitige Entwurf unter dem Titel von Frauenförderung und Gender Mainstreaming Frauen in die Ecke der Randgruppen und vermittelt auf diese Weise nicht, daß es sich bei Maßnahmen zur Gleichstellung um eine Querschnittsmaterie handelt.

Zu den angeführten Maßnahmen sind die im Folgenden genannten eine wichtige, nicht zu vernachlässigende Ergänzung:

  • Geschlechtergerechte Gestaltung der Programme von Landeskultureinrichtungen
  • Einführung von gender-sensiblem Projektmanagement im Rahmen von vom Land umzusetzenden Projekten
  • geschlechtergetrennte Statistiken über alle Aktivitäten im Kunst- und Kulturbereich sowie deren Veröffentlichung
  • Ausbau und langfristige Absicherung oberösterreichischer Vernetzungsinitiativen für Frauen in Kunst und Kultur

Wir begrüßen die Anrechnung von Kinderbetreuungszeiten bei den Talentförderungsprämien als ersten Schritt in die richtige Richtung. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Lebensentwürfe von Männern und Frauen sind strukturerhaltende unbezahlte Tätigkeiten (z. B. Pflege von Angehörigen) noch zu berücksichtigen.

Die „Umsetzung des Landeskonzepts des Gender-Mainstreaming in allen Bereichen“ betrifft ergänzend die ausgegliederten Landeseinrichtungen (wie z. B. Landestheater, OK-Centrum für Gegenwartskunst).

Die Landespolitik ist angehalten, hierzu den eigenen Einrichtungen entsprechende Vorgaben zu machen.

Zu 6.12. Spezielle Zielgruppen
Der Begriff „Zielgruppe“ betrachtet die angeführten Bevölkerungsgruppen ausschließlich als Kultur-KonsumentInnen und nicht als aktive GestalterInnen.
Als neue Überschrift schlagen wir vor: „Förderung der aktiven Teilhabe besonderer Bevölkerungsgruppen“. Wenn schon spezielle Zielgruppen aufgezählt und zu einem Punkt zusammengefasst werden, so sollten hier auch Menschen mit nicht-heterosexueller Orientierung genannt sein.

Wir schlagen vor, aus 6.12. zwei Punkte zu machen:
Zum einen geht es um die RezipientInnen von Kunst und Kultur. Als solche sind die Angehörigen der hier genannten Bevölkerungsgruppen - wie in den Maßnahmen und Zielen bereits angeführt - zu berücksichtigen. Zum anderen geht es um die aktive Förderung von kunst- und kulturschaffenden Menschen, die in dieser Rubrik zusammengefasst sind.

www.kulturleitbild.at
www.kulturleitbild.at/nav03.php

Kulturpolitisch