Verhaftung von Mitgliedern des Verein Kaleidoskop
Presseaussendung der IG Kultur Österreich vom 29.Juli 2010
Liebe Mitglieder!
Am Nachmittag des 06.07.2010 wurden drei Wohngemeinschaften in Wien hausdurchsucht und drei Personen verhaftet. Gegen 16.00 Uhr brach die Polizei das Türschloss des Vereinslokals Kaleidoskop in der Schönbrunnerstraße 91 im fünften Bezirk auf und trat die Tür ein. Zahlreiche ? teilweise private ? Gegenstände wie Computer, Festplatten, Workshopmaterialien, und der Tresor inklusive der darin befindlichen Handkassen und Dokumente wurden mitgenommen, sowie weiterer Sachschaden angerichtet. Der Verein wurde von dem Einbruch der Exekutive nicht informiert. Um ca. 18.00 Uhr fand eine Nutzerin des Freiraums die Räumlichkeiten von der Feuerwehr verschlossen vor. Erst im Laufe des Abends konnte der Schaden begutachtet werden.
Zwei Wochen später wurde im Zuge der gleichen Ermittlungen eine weitere Person in Untersuchungshaft genommen. Die vier Inhaftierten sitzen heute, Ende Juli, immer noch in Untersuchungshaft.
Offizielle Begründung für die Hausdurchsuchungen ist laut Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) der Verdacht, dass das Vereinslokal Lager, Vorbereitungs-, sowie Ausgangsort einer gegen das Arbeitsmarktservice gerichteten, symbolischen Aktion gewesen wäre. (Einige Wochen zuvor hatten zwei Mistkübeln im Portal des AMS Redergasse 1 gebrannt). Offensichtlicher Grund scheint jedoch ausschließlich die örtliche Nähe des Vereinslokals zum AMS gewesen zu sein (etwa 170 m entfernt).
Das Kaleidoskop ist ein selbstverwaltetes Lokal des "Vereins zur Förderung und Erhaltung von kultureller Kommunikation und Partizipation" und ist eigenständiger Teil des Netzwerks KuKuMa(= Kunst- Kultur- und Medien Alternativen). Es ist ein Projekt, das sich als Freiraum für eine reflektierte und selbstbestimmte Alltagsgestaltung definiert. Es ist nicht kommerziell und steht Menschen zur Verfügung, die dort frei von Konsumzwang Ideen und Projekte umsetzen wollen. Dabei arbeitet das Projekt unabhängig von fixen Fördersummen und finanziert sich ausschließlich über freiwillige Spenden, und die Aktivist*innen arbeiten ehrenamtlich. Wichtig dabei ist der Anspruch, einschränkende Mechanismen wie Sexismus, Rassismen, Homophobie, Hetero- und andere Normativitäten, die in der gegenwärtigen Gesellschaft verankert sind, zu hinterfragen, zu überwinden und diesen keinen weiteren Nährboden zu bieten.
Das Begehren nach einer Gesellschaft frei von Unterdrückung ist offenbar so "gefährlich", dass fadenscheinige Gründe herangezogen werden, um gewaltsam in Freiräume einzudringen und diese damit zu sabotieren. Selbstverwaltete Räume geraten leicht ins Visier der Kontrollbehörden. Jede Kritik an der Gesellschaft, jede alternative Lebensweise und jede Öffentlichmachung von Missständen gerät unter Verdacht. Tatsächlich darf sich jeder Verein oder sonstige private Nutzer von Räumlichkeiten ein gesetzliches Vorgehen der Polizei erwarten (Tür-Eintreten gehört jedenfalls nicht dazu). Muss nicht die Polizei eine richterlich genehmigte Durchsuchungserlaubnis vorlegen - nachdem die Tür von den Nutzer/innen GEÖFFNET wurde?
Die Repression wird immer heftiger: So geht z.B. ein fremdenpolizeiliches Durchsuchungsrecht vor dem grundgesetzlichen Recht auf Unverletztheit der Privatsphäre - das ist unglaublich und unerträglich.
Wir sind solidarisch. Mit dem Kaleidoskop und anderen von Repression betroffenen Vereinen, Räumen und Personen! Wir fordern die sofortige Freilassung der inhaftierten vier Personen! Für freie, selbstgestaltete Räume und unbehinderte autonome Kulturarbeit!
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