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FIFTITU% / Offener Brief / Schade um die vertanen Möglichkeiten! (ARS 2010)

FIFTITU% / Offener Brief / Schade um die vertanen Möglichkeiten! (ARS 2010)

FIFTITU% - Offener Brief ergeht an Vbgm. Erich Watzl, Kulturdirektor Julius Stieber, die künstlerischen Leiter Gerfried Stocker und Wolfgang Winkler sowie an Pressevertreterinnen.

5. Oktober 2010

Im Rückblick auf die ARS Electronica 2010 erlaubt sich FIFTITU% - Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur ein kritisches Feedback, das wir unter folgender Überschrift zusammen fassen möchten:

Schade um die vertanen Möglichkeiten!

Am 5. September 2010 fand im Rahmen der ARS und zum 75. Geburtstag des Komponisten Arvo Pärt die Lange Konzertnacht in verschiedenen Räumen der Tabakwerke statt. Diese besonderen Räume musikalisch erlebbar zu machen und Klangräume zu gestalten, war eine sehr schöne Idee und auch eine gute Möglichkeit das Genre der Neuen Musik einem größeren Publikum näher zu bringen. Dass die sechs dargebotenen Stücke ausschließlich von Komponisten waren, sehen wir als vertane Möglichkeit. Mehr noch, den KuratorInnen hätte es ein Anliegen sein sollen, gerade im Feld der Neuen Musik und im Bereich der Klangräume, die Arbeit von zahlreichen hervorragenden Komponistinnen und Künstlerinnen nicht auszuklammern.

Für den Concert Space in der Programmschiene Sound Space, veranstaltet im „Hochregallager“ der Tabakfabrik, wurden ebenfalls sechs KünstlerInnen eingeladen, ihre auf die akustischen Eigenschaften des Raumes bezugnehmende Musik zu präsentieren. Unter ihnen eine einzige Künstlerin (AGF aka Antye Greie). - Eine Schieflage in der Einladungspolitik, die mit Blick auf andere Veranstaltungen innerhalb des Festivals leider nicht als Zufall, sondern als Regelmäßigkeit erscheint.

Zu Diskussionen in der Reihe New Work Factory, etwa zum Thema „Gemeinwohl Ökonomie“, genauso wie zum Thema „Abgespaltenheit und Entfremdungsprozesse in der modernen Arbeitswelt“ mit Richard Sennett oder auch über die „Zukunft der Tabakwerke“ waren ausschließlich Experten auf die Podien geladen, keine Expertinnen. Im Pressetext zu letztgenannter Diskussion hieß es selbstbewusst: „Über die Zukunft einer ganzen Stadt werden Stadtrat Johann Mayr (SPÖ), Vizebürgermeister Erich Watzl (ÖVP), Robert Bauer (ATW Nachnutzungs-Studie), Gerhard Haderer (Künstler), Gerfried Stocker (Künstlerischer Geschäftsführer Ars Electronica) und der Philosoph und Vordenker der „Neuen Arbeit“ Frithjof Bergmann mit dem Publikum diskutieren.“

Es ist nicht verwegen von den KuratorInnen und OrganisatorInnen eines Festivals für Kunst, Technologie und Gesellschaft mehr Bewusstsein und Verantwortung in Bezug auf eine gerechte Teilhabe und Repräsentation zu erwarten. Reparaturbedarf besteht eindeutig.

Die Möglichkeiten für das diesjährige Festival sind leider vertan. Wir erwarten uns aber im Namen des diesjährigen Festivals das Reparieren dieser Schieflage im nächsten Jahr!

Mit freundlichen Grüßen
FIFTITU% - Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in OÖ

Kulturpolitisch